Senkung einer dauerhaft erhöhten sympathischen Reflexaktivität
Der Sympathikus ermöglicht dem Organismus, Leistung abzuliefern. Dies tut er in erster Linie durch Ansteuerung der glatten Muskulatur der Blutgefäße. Indem er diese Muskeln anspannen lässt, ziehen sich die Gefäße zusammen, sodass der Druck des Blutes (der Blutdruck) zunehmen muss. Das Blut kann nun schneller fließen.
Der Sympathikus sagt dem Herzen: Schlag schneller! und den Skelettmuskeln: Erhöht die Spannung!
Diese und andere Anpassungen, die durch den Sympathikus angeschaltet werden, dienten uns vor vielen, vielen Jahren nur zu einem Zweck: Überleben.
Die beiden Hauptüberlebensstrategien, die unser System bei größeren Gefahren immer noch genau wie damals abzurufen weiß, ist die Fluchtreaktion oder der Angriff.
Für beide Aktionen benötigen wir Wachheit, Muskelspannung, viel Sauerstoff in den Skelettmuskeln und weite Pupillen, damit wir auch im Dunklen noch viel Restlicht auskosten können. Außerdem braucht es Energie, um den ganzen Apparat während dieser Phase erhöhter Drehzahl am Laufen zu halten (Glykolyse/Abbau von Kohlenhydraten).
Es ist richtig und normal, dass unser Sympathikus hin und wieder hochfährt. Und es ist normal, dass er nach der Herausforderung runterreguliert wird, damit unter parasympathischem Einfluss der Körper wieder regenerieren kann. So kann eine nächste Herausforderung bewältigt werden.
Wird nun der Sympathikus durch Dauerbelastung, nennen wir es besser Dauerüberlastung, unnatürlich oft und lange angekurbelt (sog. erhöhte sympathische Reflexaktivität), wird es ungemütlich.
Und wie kann solch eine erhöhte sympathische Reflexaktivität entstehen?
Während früher Säbelzahntiger und Co. die fleischgewordenen Antagonisten zum eigenen Überleben waren, sind es heute vermeintliche Bagatellen, die es aber in sich haben, weil sie oft über lange Zeiträume wirken können:
- Beruflicher Stress
- Schichtarbeit
- Private Belastungen (Familie, soziales Umfeld)
- Zu wenig Erholung im Trainingszyklus
- Leistungsdruck
- Versagensängste
- Verharmlosung und Unterbewertung von Sportverletzungen
- Doping
- Häufige Kortisonverabreichung
- und, und, und.
Blicken wir etwas genauer in die Eigenarten, die Leistungssport mit sich bringt, sind oft mehrere der genannten Auslöser beim Athleten präsent. Hinzu kommt ein interessantes Phänomen:
Der Sportprofi setzt sich sowohl im Training, als auch im Wettkampf dem Thema "Flucht und Angriff" von Berufs wegen und dauerhaft aus.
"Ich jage die eritreische Spitzenläuferin." "Ich werde vom Verteidiger der gegnerischen Mannschaft verfolgt."
Das ursprünglich dem Überleben dienliche Angreifen und Fliehen praktizieren wir im Sport, wenn auch spielerisch, oft als Jagen und Gejagt-werden. Manchmal ist der Jäger genau in dem Moment mit von der Partie, wenn ich abliefern muss, manchmal aber auch erst in ein paar Minuten, wenn er hoch- oder weitspringen darf. Das ganze ist solange kein Problem, wie wir den Sport als befriedigend und nicht als belastend empfinden. Sollte das sportliche Jagen und Gejagt-werden allerdings mehr und mehr in einer Atmosphäre von Leistungsdruck, dem Gefühl der Überforderung und vielleicht sogar Angst eingebettet sein, sollte reagiert werden.
Auch hier können Entspannungsverfahren im Allgemeinen und das Neurogenes Zittern im Speziellen helfen, einen Leistungsverlust zu verhindern bzw. rückgängig zu machen, der einer zu hohen sympathischen Reflexlage geschuldet ist.
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